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05.01.2016 - Wirtschaft (Wirtschaft, Arbeit, Politik, Konjunktur, Großhandel, Volkswirtschaft)
Berlin (ots) - "Der Großhandel wie Deutschland insgesamt steht voreinem äußerst heraus-fordernden Jahr 2016. Nicht nur national sind der Flüchtlingszustrom und die Terrorgefahr gewaltige Aufgaben. Die größte Gefahr sehe ich aber im Unwillen und Unvermögen Europas, die Ursachen der Euroschuldenkrise endlich konsequent anzugehen. Das Öffnen der Geldschleusen durch Herrn Draghi und die EZB hat die Zerreißprobe für Europa bislang zwar vertagt. Jedoch sind die nach wie vor mangelnde Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft und die anhaltenden unsoliden Staatsfinanzen auch großer Euroländer das Einfallstor für Populisten und Nationalisten und befördern die innereErosion Europas. Dies erklärt Anton F. Börner, Präsident des Bundesverbandes Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA), heute in Berlin anlässlich der Vorstellung der aktuellen Unternehmensbefragung des Verbandes.
Großhandelsklima: Unternehmen stellen sich auf gedämpfte Konjunktur ein
Der Großhandelsindikator liegt nun bei knapp über 120 Punkten. Dieaktuelle Geschäftslage hat dabei um 4,4 Punkte nachgegeben und liegt nun bei knapp unter 120 Punkten. Die Geschäftserwartung, die sogar etwas stärker nachgegeben und mehr als 6 Punkte verloren hat, liegt nun bei über 120 Punkten.
Obwohl es den Unternehmen gelang, 2015 mehr Waren zu verkaufen, konnte der Vorjahresumsatz trotzdem nicht ganz gehalten werden. Auch für 2016 erwartet der BGA keine Trendwende, weder nach oben noch nachunten, und rechnet mit einer robusten und zugleich kraftlosen Entwicklung im Großhandel. Konkret schlägt sich dies aufgrund der rückläufigen Preisentwicklung im Großhandel 2015 in einem Rückgang der nominalen Umsätze von 1 Prozent auf nominal 1.120 Milliarden Euronieder, trotz eines kleinen realen Plus von 0,3 Prozent. Für das neueJahr 2016 geht der BGA davon aus, dass der Großhandel seine Umsätze halten kann und wiederum Güter und Dienstleistungen in einem Wert von1.120 Milliarden Euro nominal verkaufen kann. Nachdem im vergangenen Jahr die Zahl der Beschäftigten um 11.000 Personen angestiegen ist, rechnet der BGA für 2016 mit mehr als einer Halbierung und allenfallsmit 5.000 neuen Jobs. Mit einem neuen Beschäftigungsrekord von dann 1,932 Millionen Menschen gehört der Groß- und Außenhandel weiterhin zu den größten Arbeitgebern.
Die Wachstumskräfte in Deutschland bleiben begrenzt. Wachstumsmotoren bleiben die gute Wirtschaftslage mit damit einhergehender stabiler und steigender Beschäftigung. Die Investitionen bleiben jedoch auch weiterhin hinter dem Notwendigen zurück, auch die expansive Geldpolitik schiebt sie nicht an. Der BGA geht in diesem Umfeld von einem realen Wachstum für Deutschland von allenfalls 1 ¼ Prozent aus und damit ähnlich stark wie 2015.
In großer Sorge um Europa
Zwei Drittel der Unternehmen befürchten, dass der ausgeglichene Haushalt angesichts des Flüchtlingsstroms in Frage steht. Sie unterstützen den eingeschlagenen Kurs der Bundesregierung, erforderliche Mehrausgaben durch Einsparungen und Umschichtungen an anderer Stelle zu kompensieren und lehnen eine Ausweitung der Neuverschuldung oder Steuererhöhungen ab. Mit 70 Prozent sieht der ganz überwiegende Teil der befragten Unternehmer den Zustrom an Flüchtlingen nach Deutschland indes eher als Chance. Für die Unternehmen ist hierbei vor allem ganz entscheidend, dass die Flüchtlinge zumindest über deutsche Sprachkenntnisse verfügen. Dies setzen 92 Prozent der befragten Unternehmen voraus. 70 Prozent erwarten Grundkenntnisse wie Lesen, Schreiben und Rechnen. Hingegen setzen nur 26 Prozent eine abgeschlossene Schul- oder Hochschulausbildung voraus.
"Der Großhandel kann den Flüchtlingen eine berufliche Perspektive bieten, in das Arbeitsleben einzusteigen. Allerdings hängt dies starkvon den Vorkenntnissen der Flüchtlinge ab. Deshalb ist die frühzeitige Förderung des Erwerbs von Sprachkennt-nissen die Grundlage für eine schnelle und erfolgreiche Integration", so Börner.
Dem Terrorismus setzen die Unternehmen ein starkes Signal entgegen. 85 Prozent zeigen sich unbeeindruckt und setzen ihr Geschäft im In- und Ausland weiter fort. Sie sehen ihr Unternehmen auch nicht durch die in jüngster Vergangenheit ergriffenen Antiterrormaßnahmen in ihren Geschäften behindert. Wenn doch, dann insbesondere aufgrund von Verzögerungen bei Grenzkontrollen.
"Flüchtlinge und Terror eignen sich nicht als Deckmantel für das Aufschieben be-stehenden Handlungsbedarfs. Die Politik muss in Deutschland wie auch in den anderen Staaten Europas auf eine Konsolidierung der öffentlichen Haushalte zur Eindämmung der Staatsschulden und auf die Belebung der Wirtschaft durch Investitionsanreize, Entbürokratisierung und Vereinfachungen in allenRechtsbereichen ausgerichtet bleiben. Die Europäische Union und derenRegierungsvertreter müssen sich wieder auf die ihnen übertragene Verantwortung nicht nur für ihre nationalen Eigeninteressen, sondern auch auf das europäische Ganze zurückbesinnen. Nationalistisch-antieuropäische und protektionistische Rezepte rechter und linker Populisten kombiniert mit sozialen Wohltatsversprechungen führen vollends in den wirtschaftlichen Abgrund. Wenn etwa Frankreich sich wieder als reiner Nationalstaat begreift, der vor allem protektionistisch handelt, wird ganz Europa in Mitleidenschaft gezogen. Wer sich von der Globalisierung abkoppelt, verliert an Wettbewerbsfähigkeit - und damit an Wohlstand", so Börner abschließend.
1, Berlin, 5. Januar 2016
Quelle: www.presseportal.de